M.1 Kuratieren 2019/20: Care
M.1

I. VOR ORT

Kümmern, um die, die sich kümmern

Care-Arbeit ist vielfältig, aber die Probleme sind oft die gleichen: chronische Überlastung, Mangel an Selbstfürsorge, erhöhte Isolation. Diese Problemesind auch in Hohenlockstedt und Umgebung präsent. In einer Reihe von Workshops, die von (inter-)nationalen Künstler*innen geleitet werden, stehen diese Themen im Vordergrund. Den Teilnehmer*innen wird Werkzeug und Wissen vermittelt, dassie in ihren Alltag integrieren können. Anerkennung, Austausch und Vernetzung von Sorgearbeitenden vor Ort wird ermöglicht –sowie Fürsorge geleistet für jene Menschen, die zumeist Sorge tragen.

II. KUNST

Diskurs & Künstlerische Arbeit zu Care

Im Freiraum der Kunst können neue Strategien entwickelt werden, um sich dem Themenkomplex um Care-Arbeit zu nähern. Gezielt unterstützt werden künstlerische Arbeiten, die an der Schnittstelle von sozialer Reproduktion und sozialer Gerechtigkeit angesiedelt sind – im weitesten Sinne: Kunst, die sich um das Kümmern kümmert. Dies geschieht durch themenspezifische Förderpreise, künstlerische Interventionen, Publikationen und Kollaborationen mit Kunsthochschulen.

III. ZUKUNFT

Gemeinsam solidarische Strukturen entwerfen

Im Anbetracht des sozialen Notstands regt sich relativ wenig in Politik und Öffentlichkeit. Die Frage drängt sich auf: Who cares?

Verschiedene Positionen aus Kunst, Aktivismus, Wissenschaft und Gesellschaft sollen zusammengeführt werden, um spartenübergreifend über eine solidarischeZukunft der Fürsorge nachzudenken. Welche Strukturen braucht es in der Kunst und Gesellschaft um Inklusion und Gleichstellung Realität werden zu lassen? Welche Ansätze gibt es schon, welche Missstände werden kaum hinterfragt?

Programm

Vergangene Veranstaltungen

Konzept

Der inhaltliche Fokus von Sascia Bailer als künstlerische Leiterin des M.1 im Turnus 2019/20 liegt auf dem vielschichtigen Begriff Care [englisch für Pflege, Fürsorge, sich kümmern].

Denn Care- oder Sorgearbeit bleibt trotz ihrer zentralen gesellschaftlichen Funktion zumeist unsichtbar, unterrepräsentiert und unterbewertet – egal ob innerhalb einer Einrichtung oder in „Hausarbeit“. Dadurch entsteht soziale und ökonomische Prekarität: Isolation bei alten Menschen und jungen Eltern, Armut bei Alleinerziehenden und kinderreichen Familien, fehlende Betreuung von Kleinkindern bis zu alten Menschen, ungleiche Verteilung von Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern, Mangel an ausreichenden, effektiven Gegenmaßnahmen zur Care Crisis.

Gleichzeitig bildet Care auch den Ursprung des Wortes „Kuratieren“ und eröffnet somit ein Spannungsfeld zwischen seiner Bedeutung als Ausstellungspraxis im Kunstbereich und seiner Funktion als soziale, pflegende Tätigkeit in der Gesellschaft: Wie kann sich künstlerische und kuratorische Praxis auf die Krise der Pflege beziehen; die Unsichtbarkeit von Fürsorge durch künstlerische Projekte sichtbarmachen; und neue Beziehungsmuster knüpfen, die der Marginalität und Isolation von Care-Arbeit entgegenwirken? Anhand dieser Fragestellung hat Sascia Bailer drei Programmlinien entwickelt, die Care-Arbeit auf verschiedenen Ebenen adressieren und zukünftige solidarische Strukturen andenken (I. LOKAL, II. KUNST, III. ZUKUNFT). Dadurch entsteht eine Plattform für Care-Arbeitende und Künstler*innen auf der Austausch, Allianzen und Sichtbarkeiten geschaffen werden können.

Sascia Bailer arbeitet an der Schnittstelle von Kuratieren, öffentlichem Raum und sozialer Gerechtigkeit. Sie ist Künstlerische Leiterin 2019/20 von M.1 der Arthur Boskamp-Stiftung und promoviert an der Zürcher Hochschule der Künste & University of Reading. Sie hat international in verschiedenen Kulturinstitutionen gearbeitet, darunter das MoMA PS1, Haus der Kulturen der Welt und das Vera List Center for Art and Politics. Ihren MA absolvierte sie an der Parsons School of Design und ihren BA an der Zeppelin University.